Alles was dem Flow nutzt ist Arbeit, meinte eine Kollegin von mir als ich ihr von meinem erneuten Ausmistschub berichtete. Ich war so stark im Flow mit dem Ausmisten, dass ich nicht mehr aufhören wollte und hatte ein schlechtes Gewissen, weil kein Ende in Sicht war und meine Arbeit als selbstständiger Coach gefühlt liegen blieb.

Inmitten einer Sinnkrise

Vor dem Ausmisten befand ich mich bereits eine Zeit lang in einer Art Sinnkrise: ich wusste nicht mehr so recht, für wen genau ich als Coach da bin und warum. Solche Sinnkrisen gab es bereits merfach in meiner Karriere als Coach, aber diese dauerte gefühlt seit einer Ewigkeit. 

Vor ein paar Jahren war ich noch ein so genannter „Karriere-Coach und Expertin für mehr Lebensqualität im Job“. Ich half Führungskräften dabei, sich auf einem Top-Level zu bewerben, herausragende Bewerbungen zu schreiben, Vorstellungsgespräche auf Augenhöhe zu meistern und ihr Gehalt zu verdoppeln. 

Just in dem Moment als ich viele Vorträge zu diesen Themen gehalten hatte und bereits als Expertin galt, verging mir die Lust darauf, mich weiterhin auf diesen kleinen Bereich zu konzentrieren. Es fühlte sich einschränkend an. 

Es öffneten sich neue Welten für mich und diese Karriere-Coach-Schiene schien wie ein kleiner Vorhof zum dem Eigentlichen zu sein. 

Weisheiten aus dem alten Tibet kamen in mein Leben

Es zog mich zu weiteren Ufern. Ich traf auf die Weisheiten aus den alten tibetischen Schriften und begann mich mit der Auswirkung des Buddhismus im Business, dem so genannten Karmamanagement auseinander zu setzen. Die Wirkung davon verblüffte mich dermaßen, dass ich schon sehr bald meinen ersten Onlinekurs für Führungskräfte zu diesem Thema kreierte, um das Wissen darüber weiter zu geben. 

Dann kamen die Pferde. Meine große Liebe. Diese waren schon immer in meinem Leben als Wesen präsent, die ich so sehr schätze, dass ich es kaum beschreiben kann. Jahrelang genoß ich viele Seminare und Einzelcoachings mit Pferden – unter anderem auf Jamaika – bis ich mich irgendwann dazu entschloss, selbst Pferdeseminare zu geben und diese zum festen Bestandteil meiner Arbeit mit Top-Performern zu machen. 

Dann traf ich auf die Weisheiten des uralten Schamanismus und seiner Heilkraft, fand zu meiner sibirischen schamanischen Trommel (oder eher andersherum: sie fand zu mir), die mich heute überallhin zu Workshops und Vorträgen für Top-Performer begleitet. 

Die Tatsache, dass ich seit Jahren eine Achtsamkeitsmeditation namens Vipassana praktiziere, habe ich immer offener kommuniziert und als ein wichtiges Instrument zur Verbesserung der Lebensqualität angepriesen. Vipassana hat nämlich mein Leben komplett umgekrempelt, mir viel Stress erspart und zu einigen Abkürzungen geführt. Ich weiß nicht, wo ich heute wäre ohne diese Meditation. 

Spiritualität und Wissenschaft

Schließlich traf ich die Entscheidung insgesamt offener damit umzugehen, dass ich eigentlich stark spirituell unterwegs bin, auch wenn ich wissenschaftliche Methoden anwende und viele meiner Ausbilder Professoren an angesehenen Universitäten sind. 

Es machte mir etwas Angst diese spirituelle Seite von mir zu offenbaren, denn im Business wird diese manchmal missverstanden und abgelehnt. 

Diese Veränderung von damals „Karriere-Coach“ zum „Coach für entspannte High Performance“ dauerte ca. zwei Jahre. Dazwischen war es wie eine graue Zone für mich, die mich oft quälte. Mal nannte ich mich Awareness-Coach, mal Coach für Buddhismus in Business, mal Krokodilzüchter, mal sonstwas und zu oft wusste ich gar nicht, wie ich mich am besten nennen soll und hasste die Frage, was ich denn beruflich so mache. 

Ausmisten für mehr Ruhe und Klarheit

Schlussendlich war es das Ausmisten, das maßgeblich dafür sorgte, dass mehr Ruhe im Karton eintrat und ich heute in Frieden mit dem bin, wie ich mich nenne und für wen ich da bin. 

Das Ausmisten begann bereits letzten Sommer als ich überraschend für mich ca. 100 Gegenstände zum Verkauf auf ebay und ca. 120 Bücher auf Amazon stellte. Alles geschah wie im Flug. Dazu würde ich generell niemanden raten, denn es ist sehr mühsam und zeitaufwendig jeden Gegenstand online einzustellen. Damals hatte ich aber richtig Lust dazu, auch wenn ich das nie wiederholen möchte. Ich habe mich von großen Mengen an Gegenständen getrennt, viele Erinnerungen entsorgt, viele Sachen gespendet. 

Ich dachte, ich wäre fertig damit. Fand mich selbst außerordentlich ordentlich. 

Dieses Jahr ging es von vorne los. Und zwar habe ich doppelt so viel entsorgt wie letztes Jahr und Unmengen an Sachen gespendet. Genau gesagt habe ich das Volumen von vier Smarts (Smart ist mein Auto) gerappelt voll mit Sachen an den Familienmarkt nebenan gespendet. Die Mitarbeiter vom Familienmarkt staunten darüber, wieviel in so einen kleinen Smart doch hinein passt. 

Ja, da habe ich reingehauen. Ich fühlte sogar körperlich jeden Tag die Wirkung von diesem Prozess: die Kopfschmerzen, die Bauchschmerzen, eine gewisse befreiende innere Leichtigkeit, die süchtig macht. 

Professionelles Ausmisten mit Marie Kondo

Dann fiel mir das Buch von der bekannten Japanerin Marie Kondo in die Hände, die sich ihr Leben lang professionell dem Ausmisten widmet. Das Buch habe ich verschlungen. Diese Japanerin hat mir beigebracht, wie man eigentlich ausmisten soll. Ab da ging es wieder von vorne los. 

Dann fuhr ich noch ein paar Male mit meinem Auto voller Sachen durch die Gegend (die bei Familienmarkt kennen mich schon und machen Witze, wann ich wohl den Smart da lasse). 

Die körperlichen Auswirkungen des Ausmistens, sowie die magische lebensverändernde Wirkung davon erklärt Marie Kondo in ihrem Buch sehr ausführlich, sodass ich mir einen Reim darauf machen konnte, was mit mir seit Wochen geschah. 

Nun zur magischen Wirkung. 

Das Ausmisten geschah zeitgleich mit der notwendigen Reparatur meines Macs, denn die eingebaute Kamera zeigte mich meinem Gegenüber nur noch im tiefen Nebel. Das ging gar nicht für meine Online-Coachingsitzungen. 

Die Mitarbeiter bei Apple haben netterweise gleich ein Update des gesamten Betriebssystems gemacht und unnötigerweise alles auf dem Mac gelöscht, was sich auf ihm seit 2015 ansammelte. Das wäre auch kein Problem, denn ich hatte ein Backup auf meiner externen Festplatte. Aber just in dem Moment, wo ich im Apple-Laden die Daten wiederherstellen wollte, ging diese Festplatte kaputt. Alle Daten von den letzten fast fünf Jahren waren somit weg. Im Cloud befanden sich lediglich zwei Fotos. 

Erleichterung und Freude machte sich breit

Nach einer kurzen Besorgnis über die Unmengen an verloren gegangenen Daten empfand ich insgeheim eine Erleichterung und Freude. Ich war über mich selbst und meine Reaktion überrascht. Aber schließlich war ich im Prozess des Ausmistens und irgendwie passte alles dazu. 

Mit den vielen Daten, Fotos, Videos, begonnenen Artikeln, Kunden-Ordnern usw. sind auch viele Sorgen gegangen. Es war wie eine Erlaubnis, es loszulassen und sich neu aufzustellen. Es war ein Neuanfang, als ich meinen blitzsauberen völlig Daten-leeren Mac in der Hand hielt. 

Aber es hörte hier nicht auf. Zeitgleich ging mein Diktiergerät kaputt und alle darauf gespeicherten unzähligen Aufnahmen von Seminaren, begonnene Artikel etc., die ich mühsam sammelte und mir noch anhören wollte, waren somit weg. Nach einem kurzen Schock fühlte ich wieder die Erleichterung, denn ich muss mir nun nicht mehr Sorgen darum machen, wann ich denn Zeit finden soll, all diese Audios abzuhören. 

Langsam fing ich an, Vertrauen in diesen Prozess zu fassen. 

Nun musste mein altes Handy ausgetauscht werden. Was passierte? Beim Übertragen der Daten wurden die vielen Audiodateien aus der Diktier-App versehentlich unwiederbringlich gelöscht. Dieses Mal war die Reaktion auf das Desaster kurz und knapp: Manches mistet sich von alleine aus. Danke. 

Was ist das Learning aus der Zeit des Ausmistens?

Heute wertschätze ich die Sachen, die ich habe mehr den je. Dabei meine ich nicht nur die materiellen Güter, die ich besitze, sondern auch meine Fähigkeiten, meine Zeit, mein Wirken. Dank Ausmisten ist es mir umso bewusster geworden, wer ich bin, für wen ich da bin, warum ich da bin. Es ist klarer geworden, was ich will und was ich nicht will.

Es ist, als ob meine Fähigkeit Entscheidungen zu treffen sich gravierend verbessert hat. Und ich meine, wie soll das anders sein? Ich habe wochenlang bei unzähligen Büchern, Kleidungsstücken, Möbeln und Fotos hunderte Male die berüchtigte Frage von Marie Kondo gestellt: Macht mir dieser Gegenstand Freude? Wenn ja, behielt ich es, wenn nein, flog es kompromisslos raus. Eine tyrannische herausfordernde Regel, die ich streng einhielt. Jede Socke bekam meine Aufmerksamkeit und Dankbarkeit. (Abschied in Dankbarkeit von jedem Gegenstand, der wegfliegt ist auch so eine abgefahrene Regel von Marie Kondo). 

Diese intensiv trainierte Fähigkeit in sich hinein zu spüren und schnell und klar zu entscheiden überträgt sich nun heute auf alles, was ich tue: Einkaufen, Arbeit, Kooperationen oder Freundschaften… Und ich übe weiter noch mehr auf dem Punkt zu sein. 

Mein Gefühl ist so, als ob ich ein Stück weit dank Ausmisten auch meine Persönlichkeit verändert habe. Denn so viel, was noch vor kurzem zu mir gehörte, in meiner Realität war, meine Energie ausmachte, ist nicht mehr da. Es fühlt sich wie ein Update des gesamten Betriebssystems an.

Ich bin nur noch von meinen Lieblingsgegenständen und Lieblingsmenschen umgeben. Ich behalte nur das in meiner Gegenwart, was mir wahrhaftig Freude macht und arbeite weiterhin daran, dass es so ist. Ich merke wieviel Unabhängigkeit in mein Leben kam, wieviel mehr Mut ich habe zu bestimmten Gegebenheiten mit Leichtigkeit „Nein“ zu sagen und generell schneller loslasse. 

So viel Platz ist nun in meinem Leben frei für Neues, es ist mehr Freude da und ein angenehmes Echo in der Wohnung. 

berufliche Klarheit

Das alles führte zu mehr inneren Klarheit, die notwendig war, um meine Aufgabe als Coach endlich auf den Punkt zu bringen. 

Endlich macht mir die Frage, was ich denn beruflich mache, keine Angst mehr. Denn da habe ich ebenso unbewusst ausgemistet und sortiert. 

Was mache ich beruflich?

Ich bin Sparrings Partner für Top-Performer. 

Ich helfe ihnen stärker und glücklicher zu werden.

Ich unterstütze sie dabei, ihre „unmöglichen Ziele“ zu erreichen, effizienter zu sein mit weniger Energieeinsatz und ohne sich zu verausgaben. Ich zeige ihnen, wie sie bestimmte innere Grenzen sprengen, damit sie ganz in ihre Kraft und zu ihrem Kern kommen, eine neue Leichtigkeit erfahren und größere innere Freiheit leben.

Es ist ja schon bekannt, dass wir die Zustände anziehen, in denen wir gerade sind. Bist Du Klarheit und arbeitest daran klarer zu sein, erlebst Du mehr Klarheit um Dich. Bist Du im Flow, ziehst Du Flow an. 

Das Ausmisten war eine Zeit lang mein Flow auch wenn ich es vom Verstand her beunruhigend fand, da ich vor lauter Ausmisten nicht mehr zum Arbeiten kam, wie ich es gewohnt bin. Dieser Flow zog weiteren Flow, weitere Ereignisse nach sich, die diesem emotionalen Zustand entsprachen und verschaffte mir Unmengen an Abkürzungen und unerwartetes Zeitersparnis. Die verlorenen Dateien vermisse ich gar nicht. 

Neuanfang

Gefühlt mache ich nun einen Neuanfang, befreit von dem, was ich als nützlich betrachtete, was aber letztlich Ballast war. Meine Realität fügte sich meinem emotionalen Zustand. All die Sachen vermisse ich keine Sekunde, die aber dafür gewonnene Kraft und Energie, Freiheit und Leichtigkeit sind unbezahlbar. 

So habe ich letztlich meine Ausmistzeit als Arbeit betrachtet, denn sie diente dem Flow und hat noch mehr Flow in mein Leben gebracht. Sie hat zu mehr Klarheit und Qualität von meinem Denken und meinem Tun beigetragen, meine Fähigkeit zu entscheiden und zu prioritisieren verbessert, mich zu einem besseren Coach gemacht. 

Ich wünsche Dir, dass Du zu dieser Befreiung und Magie findest. Es heißt nicht, dass Du Dich gleich vieler Gegenstände entledigen sollst bis es in der Wohnung hallt (obwohl das helfen kann), sondern darauf achtest, dass Du nur das in Deinem Leben behältst, was Dir wahrhaftig Freude macht. 

Vielleicht bist bereits soweit, lebst minimalistisch, erlaubst Dir kaum etwas und hast das Ausmisten nicht nötig. Dann fang vielleicht damit an, Dir etwas zu gönnen wie manche sich das Ausmisten gönnen. 

Sollte der Gedanke über das Ausmistens bei Dir ein leises Gefühl der Befreiung hervorrufen, dann führst Du nach dem Ausmisten garantiert ein glücklicheres Leben, bist stärker und freier. Gönne Dir das Schritt für Schritt. 

Vertraue darauf, dass alles was Du brauchst, nicht außerhalb, sondern bereits in Dir ist. Du kannst nichts verlieren. Nur manchmal ist es wie bei einem verstaubten Juwel, da hilft nur das Entstauben um den Glanz und die Pracht des Diamanten zum Vorschein zu bringen.