Was ist der Nutzen der Führungskraft?

In der konservativen hierarchischen Führungswelt scheint die Führung unentbehrlich zu sein. Sie sagt wo es langgeht und die anderen haben dieser Richtung zu vertrauen. Das Hinterfragen ist selten erwünscht.

In der in den USA viel erprobten Welt der Scrum und der agilen Vorgehensweise wird die Führung durch das Prinzip der Augenhöhe zu einem mehr oder weniger entbehrlichen Phänomen.

Und es existieren viele andere Führungsmodelle und deren Mischungen.

Klarheit über die Richtung

Wenn allerdings die Frage nach der Richtung eines Unternehmens oder eines Projektes gestellt wird, wünscht sich jedes Mitglied eines jeden Teams Klarheit. Es ist der Ausdruck des natürlichen menschlichen Bedürfnisses nach Sicherheit. Zudem können die Kosten für das schnelle Bewegen in die falsche Richtung sehr hoch sein. Wenn ein Unternehmen oder Projekt schon längere Zeit in die falsche Richtung läuft und dies endlich erkannt wird, ist der zeitliche, emotionale und monetäre Aufwand für die Kurskorrektur enorm.

Aber genau das passiert in vielen Unternehmen: ein rasches Bewegen in eine Richtung. Dabei geht Geschwindigkeit oft vor Richtung. Es wird zu wenig Zeit der Definition des Ziels, der eigentlichen Mission und dem eigentlichen Auftrag gewidmet. Die Fragen nach „warum sind wir da?“ wird zu selten gestellt.

Geschwindigkeit geht vor Richtung: Ein fataler Fehler?

Ich kenne Stories von manchen Projektleitern, die nicht selten bis zu einem Monat nur an der Ziel- und Auftragsklärung mit einem Unternehmen verbringen, ehe sie akzeptieren mit dem Auftrag loszulegen. Und ich kenne wiederum andere, die schnell loslegen und in ihre Anpassungskompetenz vertrauen. Hier ist allerdings eine sehr hohe Wachsamkeit verlangt.

Vom Improvisationstheater lernen

Ich wende mich an das Improvisationstheater als einen guten Lehrer für Führungskräfte, denn es spiegelt gut das Leben mit all seinen unvorhersehbaren und veränderbaren Phänomenen. So vergleicht z.B. der bekannte Theaterregisseur Peter Brook seine Arbeitsweise mit der Arbeitsweise in Unternehmen und spricht vom „Gespür für die Richtung“, dass sich erst ganz am Ende des Arbeitsprozesses zu einem Bild kristallisiert. Das Gespür für verschiedene Möglichkeiten bleibt dabei stets wach. So kann manches, was noch unbekannt und verborgen ist, gefunden, wiederentdeckt und durch die aktive Arbeit des Teams vertieft werden.

Die Sichtweise von der Theaterregisseurin Gerda Gratzer geht anders: „Eine Regisseurin hat die Rolle einer Führungskraft und damit die Aufgabe, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Sie steht am Ruder, muss die Karte studiert haben und den Kurs kennen. In traditionellem Regieverständnis liefern Konzepte oft sehr konkrete Vorstellungen von einem Stück bereits zu Beginn einer Probearbeit.“

Der Nutzen der Führungskraft

Eine Führungskraft kann oft selbst keine konkrete Richtung geben, sondern nur eine ungefähre, denn jedes Projekt lebt und verändert sich ständig. Es ist der Zeit überlassen, wie es sich entwickelt und das gesamte Team muss die Kompetenz besitzen, damit jederzeit umgehen zu können.

Nichts desto trotz bleibt die Frage nach dem Nutzen der Führungskraft, wenn es um die Richtung geht.

Diese Woche nahm ich wieder am Projekt Management Camp in Frankfurt teil und fotografierte dieses Bild. Es erklärt anschaulich, wo der Platz der Führung sein könnte und welche Aufgaben sie hat.

Richtung

Nehmen wir an, das Unternehmen wählt dieses Modell der Führungswelt.
Wie realistisch ist die Umsetzung?

Als Führungskraft im operativen Geschäft?

Meiner Erfahrung nach ist die Führungskraft zu oft und zu stark in das operative Geschäft eingebunden, dass sie ihren eigentlichen Aufgaben nachgehen kann. Es bleibt kaum Raum für die Arbeit an der Vision, Mission und Zielen des Unternehmens.
Eine Führungskraft, die zusätzlich noch Fachkraft ist, kommt nicht dazu ihre eigentliche Dienstleistung auszuführen. Denn es ist äußerst schwierig einer Führungsrolle gerecht zu werden, wenn noch eigenständige fachliche Aufgaben anstehen.
Genau diese Rollenvermengung führt dazu, dass die Führungskraft als „inkompetent“ von ihren Mitarbeitern empfunden wird und es ist oft der sichere Weg ins Burnout.

Was kann denn nun bei einer Richtungsfindung unterstützen?

Erlauben wir uns wie Peter Brook ähnlich einem Regisseur zu denken, können Führungskräfte ihren Mitarbeitern oder auch Kunden helfen, von einer verschwommenen unbewussten Ahnung zu einem konkreten Bild zu gelangen. Die lösungsorientierte Vorgehensweise umgesetzt in den Arbeitsalltag, die nicht-abwertende Haltung jeder Idee gegenüber, die Möglichkeit, diese zu modellieren und Nicht-Nützliches wieder verwerfen zu können, aktiviert Ressourcen und bringt Leichtigkeit in die Lösungssuche.

Und diese Vorgehensweise passt zu jedem Führungsmodell.

Lösungsfokussiertes Arbeiten

Ob wir unsere Mitarbeiter durch Motivation, Einladung zur selbständigen Lösung und gezielten Stärkung der Potentiale befähigen: Wichtig ist die Art und Weise der Fragestellungen.

In der lösungsfokussierten Arbeit nach Insa Sparrer wird der konkrete Zustand nach dem Wunder erfragt, wodurch der Gefragte nützliche Realitäten hervorbringen kann. Fragte man hingegen nach Wünschen, würde man Auskünfte über Illusionen erhalten.

Eine der wirkungsvollsten Fragen ist daher die sogenannte Wunderfrage. Sie kann folgendermaßen lauten: „Angenommen, Sie gehen heute Abend ins Bett und wenn Sie aufwachen, ist ein Wunder passiert und das Problem existiert nicht mehr. Nur hat Ihnen niemand von dem Wunder erzählt. Woran merken Sie, dass ein Wunder passiert ist?“

Diese Art der Fragestellung, kann das höchstmögliche Potential und Lösungsfähigkeit des Gefragten an die Oberfläche bringen. Das gibt Klarheit über Richtung und stärkt die Orientierung.

Das richtige Führungsmodell

Es gibt nicht das eine richtige Führungsmodell, sondern es gibt mehrere. Jede Kultur und jedes Land haben seine eigene Tendenz. Die vielen wunderbaren Führungstools können modell- und kulturübergreifend angewandt werden genauso wie Arbeit an der eigenen Persönlichkeit der Führungskraft. Allerdings ist es wichtig um Missverständnisse zu vermeiden, beim Namen zu nennen, welches Modell in Deinem Unternehmen gilt und dies klar zu kommunizieren.

Denn wenn zwei verschiedene Führungsmodelle auf einander prallen, führt dies zu Verwirrung und Konflikten.

Dieses Video von Harvard Business Review nach dem Artikel der jungen Professorin Erin Meyer kann Dir dabei helfen die Unterschiede in der Führungswelt auch kuturübergreifend zu veranschaulichen.

Quellenangabe:
SyStemischer, Zeitschrift für Systemische Strukturaufstellungen, Heft 9 2016, Thema
Leben, Artikel „Improvisation und das Gespür für die Richtung“ mit Gerda Gratzer, S.56-65
Elisabeth Ferrari: Toolbox Konflikte lösen. Toolbuch. Aachen 2015
Beitragsfoto: @ kurapatka

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